Week-2-Preview: Houston Texans
Man hätte viel Geld gewonnen vor der Saison, wenn man darauf wettet, dass es die Houston Texans sind, die mit 1-0 zu den 0-1 Browns kommen. Wir thematisieren natürlich die Week-1, um dann auf das Duell zu blicken
Week-1-Recap
Viele Experten haben den Texans einen Sieg prognostiziert, aber eher in der gesamten Saison! Nun dominierten jene #1-Overall-Anwärter gegen die zugegeben desolaten Jacksonville Jaguars mit 37-21. Was fiel uns auf?
- Well-coached: Die chaotischen Eindrücke aus der Offseason rund um die Deshaun-Watson-Saga wurden auf dem Platz nicht bestätigt. Hier wirkte Houston erstaunlich diszipliniert. Nur 5 Penaltys, kein Turnover und eine klare Spiel-Philosophie entsprechend der wenigen Stärken des Kaders. HC David Culley hat sein Team bestens eingestellt.
- Heavy-Offense: Vielen war unklar, wie diese Texans-Offense um Tyrod Taylor aussehen würde und waren durchaus erstaunt. Die Texans spielten nur 33% in 11-Personell (mit 3 WR), dafür seeeehr viel in heavy Formationen mit mehreren TEs und RBs. Besonders die 23% in 13 Personell (1 RB, 3 TEs) war ligaweit ein Ausreißer nach oben und spricht für die offensive Identität. Viele read-Options, bei denen Tyrod entscheidet, ob gelaufen wird, ein kurzer Pass erfolgt oder Taylor als QB selbst scrambled (4 Rushes für 40 Yards).
- Solide-Defense: Es stand schon 34:7, als noch zwei ziemliche Garbarge-Time-TD zugelassen wurden. Davor sah die scheinbar zusammengewürfelt Defense aus vielen Journeyman (und noch mehr Ex-Browns) wirklich okay aus. Die 3 forcierten Turnover (wenn auch gegen einen Rookie-QB) waren ebenso stark wie die erlaubte 3rd-Down-Quote (3/11). Die Texans-Defense ist nicht furchterregend, aber bei weitem nicht so desaströs wie von vielen erwartet. Mit den Browns kommt aber auch ein anderer Gradmesser.
Wir haben über die Browns-Performance natürlich schon im DAWGSOUND-Podcast gesprochen, aber ein paar gesammelte Gedanken zur 33-29 Niederlage gegen die Chiefs möchten wir auch hier da lassen:
- Offense „nur“ fast perfekt: Die Offense und vor allem Baker Mayfield hat richtig Spaß gemacht. Das offensive Scheme und Playcalling von Stefanski war in der ersten Halbzeit grandios, fiel im zweiten Durchgang etwas ab. Auch ohne OBJ wirkten die Browns explosiv und nutzen die vielfältigen Waffen sehr gut aus. Gegen die meisten Teams reicht solch eine Performance, doch gegen die Chiefs reichte „fast perfekt“ nicht aus. Die zwei offensive Turnover waren letztlich Neckbreaker.
- Quo vadis, Joe Woods? Was fangen wir mit der Browns-D aus Woche 1 ein? Eine schwierige Frage, da der Gegner keinesfalls Normalität in der NFL spiegelt. Es mag die Extraklasse von Mahomes, Kelce & Hill sein, die ein sehr vorsichtigen Gameplan forcierten, in dem Big Plays verhinderten werden sollte und man mit sehr soften Coverages den Ball immer vor sich haben wollte – auch wenn man so leichte Plays und Yards abgibgt. In der ersten Halbzweit hat dies noch funktioniert, die Browns kassierten nur 10 Punkten (in nur 3 Drives). Die Chiefs nutzen dann aber die Passivität in der zweiten Halbzeit und marschierten in fast jedem Drives das Feld herunter. Adjustments Fehlanzeige. Die Browns und Joe Woods dürfen in Woche 2 jetzt gern ihre geplante Identität zeigen.
Injury Report
Leider müssen die Browns nach nur einer Woche schon auf einige wichtige Spieler verzichten:
Wir wissen bereits seit Anfang der Woche, dass ein Comeback für WR Odell Beckham Jr. auch in Woche 2 noch zu früh kommt. Wir werden hier wohl mehr Geduld als ursprünglich gedacht haben müssen.
Größere Sorgen macht mir der wahrscheinliche Ausfall beider LTs der Vorwoche mit LT Jedrick Wills (Knöchel) und Chris Hubbard (Trizeps), der hervorragend als Ersatzmann spielte. Damit dürfte Rookie-LT James Hudson starten, der in der Preseason noch sehr roh und unsicher aussah. Eine kritische Personalie.
In der Defense kam Starting-LB Anthony Walker auf IR mit einer Hamstring-Verletzung und fehlt nun mindestens 3 Spiele. Dadurch wird das LB-Corps wirklich dünn, vermutlich sehen wir viel Malcolm Smith und Mack Wilson. Spannend wird noch die Frage, wer die Kommunikation übernimmt, denn es war Walker, der die Kommandos von der Sideline in den Helm bekam und Plays callte.
Dazu kommen einige fraglich Spieler, wobei vor allem der Einsatz von Troy Hill sehr wichtig wäre.
Die Matchups
Browns Offense vs. Texans Defense
Erstes Heimspiel, das Stadion wird voll sein. Kann die Browns-Offense erneut überzeugen? Durch die Verletzungen gibt es hier durchaus Fragezeichen:
- LT James Hudson vs. DE Whitney Mercilus: An diesem Matchup kommt man nicht vorbei. Die Browns mit ihrem 3rd-String-LT in seinem ersten NFL-Spielen gegen einen sehr erfahrenen DE (auch wenn dieser sicher über seinem Zenit ist. Mercilus holte seinen ersten Sack gegen Trevor Lawrence, seine PFF-Grade (63.7) ist aber nur durchschnittlich. Die zentrale Frage für mich ist, ob HC Kevin Stefanski aufgrund der Personalie auch seinen Gameplan signifikant umstellt. Wir wissen, dass James Hudson durchaus passabel im Run-Blocking ist, dafür aber in Pass-Protection noch sehr inkonstant performt. Sehen wir ein Lauf-Festival von Chubb, Hunt & Co? Durchaus möglich, denn was natürlich nicht passieren darf ist eine Verletzung von Baker Mayfield, weil die Protection nicht hält…
- Browns TEs vs. Texans LB/S: Wir alle kennen LB Kirksey und auch S Eric Murray aus Browns-Zeiten und wissen: Tight-Ends covern gehört nicht zu deren Stärke zählt, auch wenn er in Week-1 stark spielte (PFF 82,9, dabei 80,1 in Coverage). Nun kommen aber Njoku, Hooper und Bryant statt Manherz. Auf dem Papier haben die Browns in der Mitte des Feldes hier gute Matchups und zudem die Option die TEs in Play-Action sowie schnellen Würfen zu treffen – ideal um die Line zu entlasten.
- Browns Run-Game vs Texans Run-D: Wie oben schon beschrieben vermute ich einen sehr starken Fokus auf das Run-Game – nicht nur wegen der Line. Die Texans waren schon im Vorjahr eine der schlechtesten Run-Defenses und vermutlich auch mit neuem Personal eher im hinteren Ligadrittel. Selbst die Jaguars konnten 4.8 Yards per Carry erlaufen, auch wenn es nur 16 Carrys wegen des hohen Rückstands waren. Wenn die Browns früh den Run etablieren können und an der Front dominieren, dann traue ich den Browns durchaus >150 Yards auf dem Boden zu. Vor allem über die rechte Seite und Interior-Line hat man Vorteile.
Fazit
Ich habe recht wenige Zweifel daran, dass die Browns den Ball am Sonntag gut bewegen können. Jaaa die Texans haben in Woche 1 gegen eine uninspirierte Jags-Offense wirklich gut gespielt, aber das Qualitäts-Gap zu den Browns sollte sehr groß sein.
In Houston spielen schlicht sehr viele „Borderline-Starter“, wie eben die uns bekannten Spieler um Terrance Mitchell und Kirksey, die solide sind aber nicht mehr. In der Texans-D sucht man vergeblich nach Stars. Folglich sollten die Playmaker der Browns hier einige gute Matchups nutzen.
Vor allem im Run-Game sehe ich die Basis. Hier sollte auch der Ausfall der beiden Tackles weniger ins Gewicht fallen. Chubb und auch Hunt dürfte ein produktiver Tag bevorstehen, wenn die Line wie gewohnt aufspielt.
Im Passing-Game sind auch ohne OBJ wieder gute Möglichkeiten gegeben. Ich vermute HC Stefanski wird es zunächst vermeiden Plays zu callen, die lange in der Entwicklung benötigen. Vielmehr erwarte ich viele schnelle Würfe und Play-Action, in denen LT Hudson nicht lange protecten muss. Diese Personalie und folglich die Pass-Protection ist einfach die möglich Achillesferse der Browns-Offense.
Alles unter 28 Punkten wäre fast eine Enttäuschung. Die Browns dürften offensiv nach den zwei Turnovern der Vorwoche besonderen Wert auf Ball-Security setzen und rennen über die Texans hinweg. Das Passing-Game wird dabei eher ergänzend als führend sein.
Browns-Defense vs. Texans Offense
Auch hier sehen wir wieder viele bekannte Gesichter. Natürlich beginnt es bei Tyrod Taylor, der einst Platz machen musste für die Baker-Mayfield-Ära um danach für Justin Herbert zu weichen und nun den Rebuild bei den Texans begleitet. Er ist einfach DER Bridge-QB. Dazu sehen wir unter anderen TE P.Brown wieder. Nach einer 37-Punkte-Performance schauen wir auf einige spannende Matchups:
- RB Mark Ingram/QB T.Taylor vs. Browns Run-D: Die Texans wollen den Ball laufen. Aus heavy-Formations – notfalls mit Gewalt. Die 26 Carries der Vorwoche brachten „nur“ 3.3 Yards/Carry. Hier muss man aber auch einrechnen, dass Houston den Ball in der zweiten Halbzeit mit der Führung bewusst lief, um Zeit zu melken. Dennoch gehört das Run-Game klar zur Philosophie. Für die Browns wird es wichtig die Mitte dicht zu machen mit den zuletzt guten DTs um M.Jackson und M.McDowell, denn die Interior-O-Line der Texans ist maximal okay. Dahinter fehlt im 2nd-Level Starting-LB A.Walker, was die Run-Defense durchaus schwächt.
- WR Brandin Cooks vs. CB Greg Newsome: Brandin Cooks ist immer noch verdammt gut. Gegen die Jags war er mit 7 Targets das Hauptziel von Taylor und lieferte mit 132 Yards ab. Ich vermute man wird Cooks viel auf links stellen, wo er gegen den Rookie Greg Newsome spielt. Ein spannendes Matchups – auch weil Newsome gegen die Chiefs gut spielte (PFF 72.9) und nun direkt wieder getestet wird. Die Texans haben noch einige weitere „gute“ WR, aber Cooks ist die klare #1 und der Mann für die Big Plays.
- TE P.Brown/J.Akins vs. M.Wilson/JOK/M.Smith: Die Rolle der Tight Ends ist in Houston durchaus groß. Vor allem Pharao Browns sah 5 Targets und holte bei 4 starken Catches immerhin 67 Yards. Mit dem Ausfall vom Walker kann ich mir gut vorstellen, dass der Gameplan der Texans hier prominent beginnt. Ich bin sehr gespannt, ob DC Joe Woods in Coverage diesmal aggressiver agiert oder wieder sehr soft spielen lässt. DANN wären einfache Catches über die Mitte an Brown, Akins oder auch Amendola/Conley die Folge. Es wäre irgendwie der Klassiker, wenn der ehemaliger 4th-String-TE der Browns hier groß aufspielt…
Fazit
Es ist die Stunde der Wahrheit für die Defense von Joe Woods. Keine Ausreden mehr – es geht nicht mehr gegen die Chiefs, sondern gegen eine Offense ohne Superstars. Ich möchte die Texans nicht schlechtreden, aber solch eine Offense muss man stoppen, wenn man mehr als nur eine Top-20-Defense sein will.
Houston wirkte wie eine Offense mit klarem Plan und gutem Coaching – ein Selbstläufer wird es nicht. Zumal der Pass-Rush der Browns über die Edge auf ein wirklich gutes Tackle-Duo trifft. Die Browns werden eine gute Coverage der drei CBs brauchen, dazu müssen die Safetys der Browns besser spielen. Grant Delpit dürfte sein Debüt geben, auch Ronnie Harrison kommt nach seinem Brain-Fart zurück. Die Safetys werden die ausgedünnten LB-Corps mitunter aushelfen müssen – egal ob gegen den Run oder den Pass.
Eine echte Standort-Bestimmung für die Defense. Auch ohne LB Anthony Walker sollte man eine aggressivere Browns-Defense sehen. Was gibt es zu befürchten? Den größten Playmaker (WR Brandin Cooks) dürfte man mit dem Skillset der Browns-CBs gut im Griff haben, danach sind es schon die TEs die man covern muss. Ich hoffe Joe Woods macht es Tyrod Taylor schwerer, indem auch mal komplexere Coverages und mehr Man gespielt wird. Auch ein paar Blitzes wären nett, schließlich wissen wir, dass Tyrod unter Druck nicht gut spielt. Ich fürchte dennoch etwas einen Shootout, bei dem Tyrod viel scrambled und die Browns durch die Mitte zu einfach attackiert.
Prognose
Die Browns sind der klare Favorit. Das sieht man in Vegas unter den Buchmachern genau so und gibt den Browns einen Spread von -13 (#Wow). Das Over/Under liegt bei 48.0
Objektiv gesehen haben die Browns schlicht bedeutend mehr Qualität auf beiden Seiten des Kaders. Die Texans verdienen jetzt schon Respekt dafür mit so vielen Journeyman und 1-Year-Playern mitten im Umbruch so gut zu starten. Wie hoch der Week-1-Sieg einzuordnen ist, wird man am Sonntag sehen. Sind die Texans ein Team, welches mit klarer Spiel-Philosophie ab und zu auch gute Teams ärgern kann? Oder war der Sieg eher ein „positiver Ausrutscher“ gegen desolate Jaguars.
Meine Tendenz? Houston ist am Sonntag genau so gut, wie es die Browns zulassen. Offensiv sollte man schon mit dem Run-Game das Spiel kontrollieren und den Ball bewegen. Im Passing-Game wird der Impact des Rookie-LT natürlich spannend, aber auch hier hat HC Stefanski genügend Optionen, um dies zu kaschieren.
Defensiv MUSS Joe Woods zeigen, ob er seiner Defense vertraut? Schluss mit verstecken und softer Coverage, um eine „bend-dont-break“-Defense zu imitieren. Dafür haben die Browns nicht so massiv investiert. Die meisten kennen meine Skepsis gegenüber DC Joe Woods, aber hier hoffe ich stark auf einen echten Statement-Win der Defense.
Ich mach es kurz – die Browns müssen gewinnen und werden es auch. Die Frage ist eher ob es, wie so häufig im Vorjahr, zum Zitterspiel kommt, oder Cleveland den Schritt zur souveränen Top-Mannschaft nimmt. Ich glaube, es wird irgendwas dazwischen.
Browns 31 Texans 21
Go Browns!