Browns-Draft-Preview: Teil 4 – Defense: Defensive Tackle
Endlich kommt die Defense zur Sprache – denn hier liegen doch die größten Needs der Browns. Den Auftakt macht direkt die aktuell wohl wichtigste Position der Offseason neben den Linebackern – die Defensive Tackles. Wir widmen der Interior-D-Line daher einen gesonderten und umfangreichen Beitrag, da wir hier eventuell sogar mehr als nur einen Spieler draften. Auch die Range reicht hier von der ersten bis zur siebten Runde. Auch hier gilt – wir stellen nur Spieler vor, die durch unser persönliches Raster fallen mit Blick auf Scheme, Potential und Red-Flags. Wir lassen dadurch viele gute Spieler weg, zeigen aber auch wer unter dem Radar fliegt.
Defensive-Tackle – Class of 2019
Mit einem Wort? WOW – wahrscheinlich die stärkste Class seit vielen Jahren, und das obwohl ein Derrick Brown aus Auburn lieber im College blieb und Jefferey Simmons sich leider das Kreuzband riss. Es gibt mindestens 4-5 sofortige Impact-Player und viele weitere spannende Spieler mit Potential in den spätere Runden. Selten gab es eine bessere Zeit für einen Need auf DT. Für die Spieler gilt – wir rechnen nicht damit das Quinnen Williams oder Rashan Gary bis #17 fällt und betrachten daher diese beiden nicht gesondert.
Ed Oliver
- Houston, Junior
- 6-1, 274
- Round 1
Vorweg – Ed Oliver wird im Normalfall ebenfalls nicht bis #17 fallen. Ein Fragezeichen wird bei Oliver aber stetig diskutiert: Seine geringe Körpergröße für einen DT. Davon sollte man sich nicht täuschen lassen, denn Oliver ist sowohl gegen den Lauf, als auch im Pass-Rush sehr disruptive und erfolgreich. Allein seine Zahlen sind beeindruckend: In der ersten Saison 23 Tackles for Loss und 5 Sacks, danach 16,5 Tackles for Loss und 5,5 Sacks, in der letzten Saison in nur 8 Spielen 13,5 Tackles for Loss und 3 Sacks. Oliver bringt unglaubliche Explosivität und Quickness mit und überwindet so regelmäßig die Lineman. Mich erinnert Oliver in Teilen an Aaron Donald, der auch undersized eine unfassbare Power mitbringt und so den eigentliche Nachteil vergessen macht. Oliver wäre die perfekte Ergänzung zu Ogunjobi.
Christian Wilkins
- Clemson, Senior
- 6-3, 312
- Round 1-2
Die Clemson D-Line werden wir noch öfter erwähnen – denn sie war das Rückgrat des National Champions und gegen jeden Gegner dominant. Ein Kernstück dieser Line war Wilkins, der in vier Spielzeiten beeindruckende 40 Tackles for Loss einsammelte und dazu 16 Sacks. Im Clemson Lockerrom gilt er als Leader und hochprofessionell. Wilkins bietet eine starke Kombination aus seiner guten Athletik und sehr guter Technik. Sowohl der Einsatz der Hände, als auch seine Footwork sind bereits sehr weit, mit 24 ist er aber auch nicht das jüngste Prospect. Als 3-Technique würde er zudem bestens in das Browns-Scheme passen. Fraglich ist am Ende wie groß der Anteil der anderen Spieler und des Schemes am Erfolg von Wilkins war. Im direkten Vergleich ist vor allem die Play Strenght, Mobility und sein “First Step” schlechter als bei den absoluten Top-Prospects. Dennoch sollte Wilkins sofort starten – die Frage ist eher ob #17 ein paar Picks zu früh für ihn ist.
Dre´Mont Jones
- Ohio State, Redshirt Junior
- 6-2, 285
- Round 1-2
Ein Buckeye zu den Browns hat natürlich immer seinen eigenen Charme. Jones gefällt mir aber auch unabhängig dessen als Prospect, auch wenn er etwas undersized und vor allem für die NFL mit unter 300 Pfund etwas zu leicht ist. Ein toller Athlet mit explosivem First-Step, der eine beeindruckende Range mitbringt, aber erst in der letzten Saison sein Potential auch ummünzte zu konstant starken Plays. 13 Tackles for loss und 8,5 Sacks unterschreichen ein bärenstarkes 2018. Mir imponieren seine aggressiven Moves mit den Händen und Rushing Skills, dafür hat er in der Run-Defense noch Probleme Gaps zu erkennen und lässt sich zu oft auf die falsche Fährte locken. Für die NFL sollte Jones idealerweise noch 10-15 Pfund zulegen, wobei man hoffen muss, dass er dabei seine Dynamik nicht einbüßt. Für mich ist Jones ein Prospect für die mittlere und späte erste Runde – #17 ist daher ein Spot an dem er noch verfügbar sein sollte und daher eine echte Option darstellt, wenn keiner der Top-Spieler fällt.
Dexter Lawrence
- Clemson, Junior
- 6-4, 355
- Round 1-2
Lawrence war einer der meist gejagten Highschool-Spieler und kam als 5-Star-Recruit ins Death Valley. Mit seinem massiven Körperbau ist der prädestiniert für eine Karriere als Nose-Tackle, was natürlich eher zu einer 3-4-Front passt als zu den Browns. Doch auch Danny Shelton hat durchaus funktioniert und Lawrence könnte genau diesen Spot gut füllen. Ich mag vieles an Dexter als Prospect: Beeindruckende Power, wobei besonders seine Bull-Rushes imponieren und häufiger die Pocket verkleinern und kollabieren lassen. Für seine Größe bringt er einen guten, aber nicht überragenden First Step mit, dazu ist er agiler als man zunächst denkt. Mit 21 Jahren bringt er noch reichlich Entwicklungsraum mit, hat aber auch schon 3 Spielzeiten Erfahrung. Als Run-Defender kann er sofort starten und weiter an Pass-Rushing-Skills arbeiten – seine 10 Sacks in drei Jahren sind hier eher mittelprächtig. Das Kernproblem: An #17 wäre mir Lawrence zu früh, hier wäre er eigentlich nur eine Option bei einem Trade zurück ans Ende der ersten Runde. Denn an #49 dürfte er ziemlich sicher vom Board sein.
Jeffery Simmons
- Mississippi State, Junior
- 6-3, 300
- Round 2-3
Vor kurzem noch eine Traumoption für #17, beendete der Kreuzbandriss wohl die Firstround-Träume von Simmons. Sehr schade, denn Simmons ist neben Oliver und Quinnen Williams wohl der disruptivste DT des Jahrgangs und AUF dem Feld äußerst beeindruckend. Leider gibt es hier auch Off-Field-Issues, die ihn nicht wirklich zu einem Top-5-Pick machen. Nun reden wir bei ihm eher über Runde 2, denn in 2019 wird er nicht spielen – es wäre also eine Investition in 2020. In dem Falle wäre Simmon aber eine echte Verstärkung durch seine seltene Kombination von Power und Quickness. Seine Moves auf den Highlight-Tapes wissen zu beeindrucken. Auf dem Feld gibt es kaum etwas aufszusetzen – einzig seine Instincts gelten als unterdurchschnittlich – insgesamt steht ihm sein Kopf zu oft im Weg. An #49 wäre Simmons eine echte Überlegung wert.
Jerry Tillery
- Notre Dame, Senior
- 6-5, 305
- Round 2-3
Tillery kam erst in 2018 wirklich auf das Radar vieler Scouts mit einer Saison mit 7 Sacks und 8,5 Tackles for Loss. Vorher schaffte diese Production kaum in drei Jahren zusammen. Grund soll eine deutlich verbesserte Kondition und Kraft sein. Was fängt man nun mit Tillery an? Generell betrachte ich Prospects aus Notre Dame kritisch, da das Conference-lose Team schlicht viele schwache Gegner spielt. Tillery bringt tolle Länge und Range mit und spielt wirklich tough. Sein Handeinsatz ist unkonstant, aber wenn es gelingt ist er disruptive. Ihm geht die Mobilität leider abhanden und macht ihn etwas eindimensional und als besseren Pass-Rusher als Run-Defender. Tillery hat ab der späten zweiten Runde etwas Value, aber ich bin kein riesiger Fan von ihm nach nur einer überzeugenden Saison. Mit gutem Coaching kann er diese Entwicklung aber weitergehen.
Khalen Saunders
- Western Illinois
- 6-0, 315
- Round 3-5
An Tag 2 gibt es einen interessanten Spieler, der mit über 300 Pfund eine beeindruckende Körperbeherrschung und Power mitbringt. Saunder ist ein Small-School-Prospect, bei dem das Tape leider nicht so aussagekräftig ist aufgrund der schwachen Gegner. Er dominierte hier komplett auch ohne ausgereifte Technik. Mich beeindruckt Saunders mit seiner explosive Power und Quickness, sowie ziemlich guter Handarbeit, die ihn zeitweise sehr disruptive im Pass-Rush machen. Leider auch nur zeitweise, denn seine Kondition gilt als problematisch. Saunders nimmt sich immer wieder Auszeiten im Spiel. Gut, dass Kondition bestens trainierbar ist in der NFL. Damit ist Saundern kein Firstrounder, aber ein Prospect, dass mit wenigen Maßnahmen und Erfahrung schnell Impact auf dem Feld bringen kann. Zuletzt zeigte auch Ogunjobi als Small-Schooler wie schnell das gehen kann. Im Senior Bowl zeigte er schon, das ser auch gegen bessere Spieler dominant sein kann und mit besserer Technik ein Difference-Maker.
Renell Wren
- Arizona State, Redshirt Senior
- 6-4, 295
- Round 3-5
Ein Prospect bei dem mir das Potential gefällt, wo jedoch das Bust-Potential durchaus prominent gegeben ist. Wren bringt hervorragende Explosivität im ersten Schritt mit und dominiert schon damit viele Gegner. Enorme Power vor allem aus dem Unterkörper heraus ist bei seiner Länge nicht selbstverständlich. Was Wren jedoch nahezu vollkommen fehlt ist die notwendige Technik, wenn er auch Lineman trifft, die ihm in Sachen Power entgegensetzen können. Hier muss massiv gecoached werden. Wren ist insgesamt vielversprechend, kann allerdings wohl erst in 1-2 Jahren wirklich Impact als Starter erreichen – bis dahin bleibt er ein Development-Prospect.
Gerald Willies
- Miami, Redshirt Senior
- 6-2, 300
- Round 3-6
Willies ist ein weiterer Spieler mit potentiellen “Red Flags” aufgrund von aggressiven Auseinandersetzungen mit Teamkameraden, die seinen Transfer von den Florida Gators begründeten. In Miami spielte 2016 überzeugend, um dann in 2017 nicht zum Team zu stoßen (persönliche Gründe). Ohne seine bärenstarke Saison 2018 würden wir nicht über ihn reden, aber hier ließ er sein volles Potential aufblitzen. 18 Tackles for Loss und 5 Sacks zeigen wie stark er sein kann. Ein tiefer Schwerpunkt durch breite Hüften zusammen mit guter Quickness und Power sind das Grundrezept, sein beeindruckender Spin-Move und erstaunliche Agilität runden alles ab. Mir gefällt er auf dem Feld, mit besserer Technik, Pad-Level und Handwork kann er noch besser werden – aber nur wenn er dafür auch motiviert genug ist. Die Interviews werden bei ihm enorm wichtig sein, denn Willies kann durchaus auch nie das NFL-Feld sehen bei weiteren Off-Field-Problemen.
Demarcus Christmas
- Florida State, Redshirt Senior
- 6-4, 310
- Round 4-6
Der Mann mit dem wohlklingenden Namen verbrachte ganze 5 Jahre bei den Seminoles – als Jahrgang 1995 ist er einer der ältesten Prospects des Drafts. Bei ihm gibt es wenige Wow-Effekte, aber mir erscheint er als grundsolider 3-Tech-DT mit guter Balance, Power und Disziplin, der vor allem gegen den Run ordentlich spielt. Eigentlich sollte er auch im Pass-Rush dank ordentlicher Speed-Power-Kombination überzeugen, doch er produzierte kaum Sacks (11,5 in 5 Jahren). Mit seinem Frame kann er auch in der NFL eine Rolle mindestens in der Rotation spielen, könnte als ab Runde 5 ein Kandidat für die Browns sein für Depth auf der Position.
Terry Beckner
- Missouri, Senior
- 6-4, 305
- Round 5-7
Ein hochdekorierter High-School-Spieler, der in Missouri, der nach starker Freshman-Saison 2015 ein Jahr durch Kreuzbandriss verlor und danach mit Marijuhana erwischt und suspendiert wurde. Danach gab es noch zwei gute Jahre bevor er nun in den Draft geht als Senior. Beckner war nicht umsonst ein Top-10-Prospect, denn seine Anlagen sind hervorragend. Perfekte Größe, ein guter Athlet mit reichlich Power, dem aber etwas die Mobilität in der Hüfte abgeht. Seine Technik ist trotz des relative hohen Alters nicht gut. Insgesamt muss Beckner bei der Combine zeigen, dass er gewillt ist in Form zu kommen und natürlich die Medicals übersteht. Seine Knie sind kritisch, dadurch ist natürlich auch der Bend nicht gut. In der Combine werde ich ihn genauer beobachten. An Tag 3 kann man über ihn nachdenken.
Daniel Wise
- Kansas, Senior
- 6-3, 285
- Round 4-6
In den mittleren bis späten Runde finde ich Daniel Wise noch spannend. Im Shrine-Game überzeugte er viele Scouts mit seiner Power und guten Rush-Moves. Gegen den Lauf überzeugte er in Kansas, was die durchschnittlich 11 Tackles for Loss pro Saison beweisen. Auch den QB setzt er regelmäßig unter Druck (ca. 5 Sacks pro Saison). In der NFL sollte er gut zu den Browns passend als 3-Tech-DT eingesetzt werden, um seinen Stärken optimal zu nutzen. Wise dürfte später noch draftbar sein, da seine Power aktuell noch grenzwertig ist, genaus wie sein Gewicht von 285 Pfund. Hier sollte er defintiv zulegen. Ich sehe Wise zunächst nicht als Starter, aber als potentiell guten Depth-Spieler mit Upside und damit spannend an Tag 2/3.
Fazit
Man sieht es sicher schon – die Draft-Class für die Interior-D-Line macht Spaß, ist sehr geladen an der Spitz und auch später findet man noch einige Rohdiamanten mit Potential. Die Browns sollten hier in sofort zuschlagen, wenn ein Ed Oliver fällt, in Runde 2 kann Jefferey Simmon und Dre´Mont Jones mit etwas Glück verfügbar sein. Dorsey hat hier reichlich Auswahl.