Umbruch in Cleveland! Welches Lager übernimmt die Browns?

1. Januar 2020 1 Von Mike

Nach Head Coach Freddy Kitchens muss auch General Manager John Dorsey gehen. Dies bedeutet den nächsten großen Umbruch in Berea nach zwei Jahren unter Dorsey. Wir beschreiben die Optionen und geben Argumente für die einzelnen Lager.

Warum Dorsey zurecht gehen musste.

Zwei Jahre, in denen GM Dorsey nicht nur den Franchise Quarterback mit Baker Mayfield findet, sondern auch den Blockbuster-Trade für WR Odell Beckham Jr. durchzieht. Wie konnte es innerhalb von weniger als 12 Monaten so steil bergab gehen?

Die Antwort liegt im zuletzt katastrophalen Roster-Management des Regimes um Dorsey und Kitchens. Dorsey rief früh die Mentalität „real Football Players“ aus und distanzierte sich damit von DePodestas analytischem Ansatz. Es folgte die Degradierung und Ausbootung nahezu sämtlicher Spieler, die Dorsey nicht selbst holte. Egal ob Peppers, Zeitler, Ogbah oder Nassib – alle wurden systematisch entfernt – nicht selten für sehr geringen Gegenwert. Das funktioniert nur solange die neuen Spieler auch einschlagen. Dorsey ging nicht zuletzt mit Kitchens einen nach Macht strebenden Weg:

Die Bilanz von Dorsey nahm somit massiv Schaden in den letzten 12 Monaten. Die Moves, welche insgesamt negativ auffallen sind zahlreich:

  • Draft-Pick #33 von RG Corbett: Klarer Bust, der dann nach nicht einmal zwei Spielzeiten für einen 5th verscherbelt wird, zu den Rams, wo er nun Starter ist. Dafür gab Dorsey einen 5th&6th für Wyatt Teller aus (der unterdurchschnittlich spielte). Die O-Line wurde nach dem Abgang von RG Zeitler inakzeptabel vernachlässigt. Folglich lahmte die Offense die ganze Saison.
  • DE Genard Avery & DE Ogbah & DE Nassib: Das Desaster um die Pass-Rusher nimmt ebenfalls eine wichtige Rolle ein. Dorsey setzte voll auf Myles Garrett und Olivier Vernon. Ein starkes Duo, doch vernachlässigte man sträflich, dass Vernon chronisch verletzungsanfällig ist und insgesamt die Tiefe dahinter fehlt. Ein großes Talent mit Avery vergraulte man und bekam nur einen Mid-Rounder, ebenso wie der Tausch von Ogbah und Murray nicht funktionierte. Auch der Cut von Carl Nassib war im Nachhinein völlig falsch. So kam es, dass am Ende Cox und Gustin die Starter auf DE waren.
  • Dog House: John Dorsey und Kitchens hatten ein Talent dafür gesunde und gute Spieler schmoren zu lassen. So gab man im Contract Year WR Higgins nahezu keine Snaps, obwohl dieser für alle sichtbar die WR3 Option einnehmen sollte. Stattdessen sahen wir die ganze Saison massig Drops der jungen WR Ratley, Hodge und Co. Zum Ende war auch First-Round-TE David Njoku im „Dog House“.
  • Cut von DE Smith: Es gibt Dinge, die gehören sich selbst in der NFL nicht. Wer einen Spieler kurz nach dem Unfalltod seiner Lebensgefährtin, mit der er ein kleines Baby hat, vor die Tür setzt, um einen Rotationsspieler zu holen, der verliert jeglichen Zuspruch des Rosters. Dieser Move hat tiefe Gräben hinterlassen.
  • Das „Missverständnis“ Freddy Kitchens. Am Ende muss der GM für die Entscheidung des Head Coaches stehen. Kitchens war für uns Fans die logische und verständliche Wahl. Doch im Auswahlprozess hätte man berücksichtigen müssen, dass Kitchens trotz 13 Jahre NFL-Coaching ein blutiger Anfänger im Bereich Führung ist. Kitchens Versagen in der Teamführung und auch die sichtliche Überforderung gehen letztlich auf die Vita des John Dorsey, der sich das 17 Wochen angeschaut hat.

Option 1: Moneyball 2.0 – GM Berry + HC Stefanski

Der Umbruch trägt eine Handschrift, nämlich die von Paul DePodesta, der in den letzten zwei Jahren sehr still war. DePodestas analytischer Ansatz sprach sich im vergangenen Jahr GEGEN Freddie Kitchens aus und für den OC der Vikings, Kevin Stefanski. Zuvor war DePodesta bereits für Sean McDermott statt Hue Jackson. Im Nachhinein wird jeder zustimmen, dass man besser auf den „Moneyballer“ hätte hören sollen.

Mit der Trennung von Dorsey scheint nun das Machtgefüge zurück zu DePodesta zu gehen. Dieser strebt den GM-Posten nicht an, würde sich aber stark für die Rückkehr von Andrew Berry aussprechen.

Sollte DePodesta die Entscheidung prägen, wäre sicher auch sein letztjähriger Favorit Kevin Stefanski im Fokus. Spannend wären hier die die Parallelen zwischen der Vikings-Offense und den Browns:

  • 2-Top-WR + gutes Run-Game: Stefanski müsste kein komplett neues Scheme entwerfen. Seine Top-10-Offense basiert auf sehr ähnlichen spielerischen Säulen, wie er sie in Cleveland vorfinden würde. Zwei dominante WR (Diggs & Thielen – OBJ & Landry) und ein Run-Game mit einem jungen, talentierten RB (Cook – Chubb/Hunt). Die starken Play-Action-Elemente, die Cousins erstarken ließen, würden tendenziell auch auf Mayfield passen.
  • Das Scheme: Dazu können wir einen klasse Artikel empfehlen, der das Vikings Scheme analysiert: HIER

Das Regime unter Andrew Berry und DePodesta würde eine Rückkehr zum Analytics-Ansatz bedeuten, der bereits unter GM Sashi Browns angestrebt wurde. Spieler wie LB Schoebert oder auch WR Higgins und TE Njoku würden sicher eine zentrale Rolle im Roster spielen.

Wahrscheinlichkeit: 50% – schon der Abgang von Dorsey spricht für den Machtwechsel in Richtung DePodesta. Zudem mögen die Haslams bekanntermaßen Andrew Berry sehr und würden eine Rückkehr begrüßen. Stefanski wäre hier kein Muss, war aber letztes Jahr der Favorit.

Option 2: Patriots 2.0 – McDaniels plus den GM seiner Wahl (Ziegler)

Die zweite realistische Option kommt aus dem Bill-Belichick-Regime, mit Josh McDaniels. Dieser sagte erst letzte Offseason nach zuvoriger Zusage den Colts noch ab, um bei den Patriots zu bleiben. Die Browns haben ihn offiziell angefragt zum Interview.

Die Variante mit McDaniels wurde scheinbar erst durch die Entlassung von Dorsey realistisch:

Was spricht für den Patriots-Way?

  • Prinzip Perfection & Do your Job! Das Scheitern von Kitchens und Dorsey lag primär in der mangelnden Selbstreflexion, falschen Vorgaben an Disziplin und natürlich miserablen Führungsverhalten. Und wenn es eine Kultur in der NFL gibt, die für das Streben nach Perfektion und absolute Disziplin steht, dann sind es die Patriots. Wie versessen auch McDaniels darauf ist, sieht man hier:
  • Ausrichtung nach den Stärken des Kaders: Zudem imponiert mir, wie schnell und effizient die Patriots und McDaniels die Offensive auf veränderte Gegebenheiten ausrichten können. Kein TE Gronkowski mehr? Dann wird fortan auf große, physische Receiver im Slot gesetzt und mehr 11-Personnel gespielt. Das funktioniert gegen gewisse Gegner nicht? Es folgt eine prompte und erfolgreiche Anpassung auf ein primäres 21 Personnel mit umgebauten Fullback und Fokus auf dem Laufspiel. Genau diese Ausrichtung an den aktuell Stärken würde ich auch gern bei den Browns sehen.

Wahrscheinlichkeit: 30% – McDaniels wäre die Variante ohne DePodestas Lager komplett an die Macht zu lassen. Im Vorjahr hatte man keine Chance auf McDaniels, auch weil viele vorhersagten, dass dieser stark in die Rosterplanung eingreifen würde mit seinem eigenen Staff. Die Chance besteht nun und nach ersten Gerüchten ist dieses Jahr die Browns-Franchise das Ziel Nr.1 für McDaniels. Dennoch gibt es einige Hürden:

Option 3: GM Eliot Wolf + HC Mike McCarthy

In der dritten Option könnte man vermuten, dass die Gespräche schon einige Zeit laufen, da McCarthy bereits seit einem Jahr in der Auszeit ist. Die Connection aus Green Bay mit Wolf würde dann die meiste Stabilität bedeuten, da Wolf die Browns nun schon ein Jahr begleitet und bisher noch angestellt ist.

McCarthy nutzte das Jahr scheinbar auch, um sich selbst zu modernisieren und sich neueren Ansätzen im Football zu widmen, was DePodesta sicher begrüßen würde:

Am Donnerstag kommt McCarthy als Erster zum Interview. Fraglich bleibt für mich, ob die selbst ausgegebene Zielstellung einer starken Führungspersönlichkeit von McCarthy abgedeckt wird, nachdem dieser an QB Aaron Rodgers und dessen Machtkämpfe scheiterte.

Wahrscheinlichkeit: 15% – mich würde es wundern, wenn man nach dem Aus von Dorsey nun ausgerechnet mit Wolf einem seiner Jünger die Macht überträgt, dafür wirkt der Umbruch zu deutlich.


Spannende Zeiten wieder einmal in Cleveland. Natürlich bedeutet diese Unruhe auch eine Gefahr, bietet aber auch die Möglichkeit die tiefen Gräben, die Dorsey und Kitchens im Kader hinterlassen haben, schnell zu füllen. Es braucht einen starken und dennoch menschlichen Leader, der den jungen Kader verstärkt und sich an dessen Stärken orientiert.

Go Browns!