Free-Agency-Bewertung Teil 1

22. März 2020 0 Von Mike

Nach der ersten großen Welle der Free Agents liefern wir eine frühe Einschätzung. Dabei blicken wir auf die vergangenen Leistungen, den Vertrag und den Fit samt Projection für die Browns.

TE Austin Hooper (25, Falcons)

Der erste große Deal der Browns kommt etwas überraschend für einen Tight End. Hooper kommt aus Atlanta und bekommt nach seinem Rookie-Deal nun einen wirklichen stattlichen Contract, der ihm zum bestbezahlten TE der Liga macht.

Sportlich wird Hooper die Browns definitiv bereichern. Die Production steigerte er kontinuierlich in den Jahren, um 2019 sein bestes Jahr mit 787 Yards und 6 TD´s zu erzielen. Bei den Falcons wurde er zuletzt nahezu perfekt eingesetzt, was auch bezüglich der Projection bei den Browns Mut macht. Hooper bleibt aber ein TE der auf kurzen Routes effizient ist, dafür aber für weitergehende tiefe Separation frei „schemed“ werden muss. Seine sicheren Hände (93% Catch Rate) helfen den Browns, auch wenn Hooper weniger der Mann für Big Plays ist.

Kritisieren kann man dagegen den hochdotierten Vertrag (4 Jahre, 42 Mio, davon 23 Mio garantiert). Hooper ist natürlich kein Top-5 TE, angesichts des steigenden Caps ist die Entwicklung wohl dennoch halbwegs normal. Ich sehe jedoch ein zentrales Problem im Rostermanagement. Mit diesem Vertrag bindet man viel Kapital auf TE, einer weniger wichtigen Position (auch wenn Stefanski sie höher priorisieren mag). Nun hat man Njoku und Hooper, wobei für Njoku nach diesem Jahr die Frage der 5th-Year-Option aufkommt. Diese liegt vermutlich bei ca.5,5 Mio, was einen recht teuren TE-Room bedeutet und Njoku eigentlich nicht haltbar macht. Erst recht nicht mit einer Verlängerung. Was also, wenn ausgerechnet mit Hooper der deutlich athletischere Njoku sein Ceiling erreicht? Ich fürchte ein kleines Dilemma in der kommenden Offseason.

Note: 3 obwohl ich mich über die sportliche Verstärkung freue, hat man Hooper hier überbezahlt und damit indirekt Njoku schon die Koffer gepackt. Daher gefällt mir der Move insgesamt nur mittelmäßig mit reichlich „Bust-Potential“, wenn man Hooper nicht richtig einsetzt oder Njoku ihn klar ausspielt.

OT Jack Conklin (26, Titans)

Der Königsdeal kam kurz darauf mit dem Tackle auf Tennesse, der in seiner Prime-Time überraschend auf den Markt kam. Conklin galt als wohl heißester OT-Free-Agent für Teams die eine langfristige Lösung suchten. Die Titans ärgern sich vermutlich im Vorjahr die 5th-Year-Option nicht gezogen zu haben. Nach den starken Jahren 2016 und 2017 (72,5 & 72,2 nach PFF), sackte er 2018 deutlich ab (59,4), stabilisierte sich aber 2019 etwas (63,0).

Conklin ist keinesfalls eine „sichere Nummer“, stellt aber definitiv ein Upgrade zu Chris Hubbard auf Right Tackle dar (PFF 55,9 in 2019). Der Vertrag (3 Jahre, 42 Mio, 30 garantiert) ist für diese Premium-Position überraschend fair, zumal man nach zwei Jahren elegant raus kommt ohne viel Dead Cap für den Worst Case das Conklin nicht überzeugt.

Note: 1 , ganz klar der Top-Deal. Die Browns ziehen sich den besten „Young Veteran“ auf einer absoluten Need-Position zu einem fast schon günstigen Vertrag. Zusammen mit dem starken Scheme-Fit dürfte Stefanski sehr glücklich sein.

QB Case Keenum (32, Redskins)

Ein neuer Backup für Baker, den man direkt durch einen 3-Jahresvertrag für 18 Mio Dollar (10 Mio garantiert) länger an die Browns bindet. Nach dem Abgang von Drew Stanton ein klares Statement, dass GM Berry die Backup-Position deutlich höher bewertet.

Keenum spielte EINE wirklich starke Saison bei den Vikings im Jahr 2017 (3.547 Yards, 22 TD, 7 INT), konnte aber die Erwartungen als Starter bei den Broncos nicht erfüllen und wurde trotz hohem Vertrag nach nur einem Jahr entlassen. Bei den Redskins startete er letztes Jahr 8 Spiele bevor (endlich) Rookie Haskins übernahm, denn bis dahin gewann er nur 1 von 8 Spielen. Keenum wandelt seit Jahren zwischen dem Status „starker Backup“ und „schwacher Starter“. PFF sieht ihn ebenfalls kritisch:

Note: 4, mir bleibt schleierhaft warum das neue Front-Office so viel Geld und mehr als einen 1-Jahresvertrag an Keenum gibt. Sportlich solide, doch wer die Illusion hat das die Browns ohne Baker Mayfield noch reelle Playoff-Runs schaffen, der sollte sich die Historie von Case Keenum anschauen. Denn als Starter hatte dieser genau eine gute Saison, als Backup hätte spielerisch Garrett Gilbert für mich gereicht.

FB Andy Janovich (26, Broncos)

Zwar kein Free Agent, allerdings sehr günstig mit dem 7th Rounder 2021 erhalten die Browns einen echten Fullback. Im neuen Scheme von Kevin Stefanski legt man also mehr Wert auf den „altmodischen“ Fullback, der als zusätzlicher Blocker und in Einzelfällen als Anspielstation dient. Wobei Janovich deutlich eher der klassische Blocker ist und zwar mit voller Leidenschaft:

Note: 2+, einfach ein sehr konsequenter Move, der zu der Spielidee von Stefanski passt. Im Vorjahr spielte häufiger RB Kareem Hunt durchaus solide den Fullback, nun gibt es einen günstigen Spezialisten (3 Jahre, 5,7 Mio, davon 3,2 Mio garantiert).

SS Karl Joseph (26, Raiders)

Die Browns verpflichten einen ehemaligen Firstrounder (#14 aus 2016 von den Raiders). Joseph war in den 4 Spielzeiten keineswegs besonders „schlecht“, den Status als als früher Firstrounder konnte er aber auch nicht wirklich rechtfertigen. PFF gab ihm solide Saison-Noten (2019: 69.9 , 2018: 74.5, 2017: 67.7, 2016: 71.2 ). Bei den Browns sollte er als „Box Safety“ geplant sein mit seinen Stärken gegen das Laufspiel:

Die Browns geben Joseph einen klassischen 1-Jahres-Prove-it-Deal für günstige 2,5 Mio Euro. Für einen noch jungen Spieler mit einigen Saisons Erfahrung und guten Leistungen ein toller Deal. Zumal Joseph sofort mindestens in der Rotation helfen sollte. Prinzipiell ersetzt er den deutlich älteren und teureren Safety Morgan Burnett, der vorher entlassen wurde.

Note: 1-, einer meiner Lieblingsdeals, der den Browns viel Flexibilität bietet und Joseph motivieren dürfte, um einen besseren Deal im kommenden Jahr zu kämpfen. Joseph sollte vor allem als solider Tackler sofort gegen den Run helfen.

LB BJ Goodson (27, Packers)

Nur einen Linebacker verpflichteten die Browns bisher – obwohl man mit Joe Schoebert und Kirksey gleich zwei nominelle Starter abgab. BJ Goodson diente in den letzten als Rotations-Linebacker für die Giants (3 Jahre) und Packers (2019). Einen Starter holte man also nicht wirklich, was auch der 1-Jahresdeal für angebliche 2,5 Mio (noch nicht bestätigt) zeigt. Spielerisch ist Goodson als MIKE (MLB) gut gegen den Run und ein solider Tackler – in Coverage darf man keine Wunderwerke erwarten:

Note: 3+, viel macht man hier nicht falsch mit dem Deal. Die Idee souveräne Tackler zu holen ist auch verständlich. Dennoch wirkt der LB-Corps noch sehr dünn und braucht bessere Spieler als Goodson, den ich ungern in einer Starter-Rolle sehen würde.

DT Andrew Billings (24, Bengals)

Tiefe war bei den Defensive Tackles ebenfalls ein großes (selbstgemachtes) Problem. Die Rotation hinter Richardson und Ogunjobi war mäßig, somit scheint Andrew Billings als „Young Veteran“ sehr sinnvoll. Billings muss nicht weit fahren – der Spieler aus Cincinnati kommt mit fast 50 Spielen und guten Werten zu den Browns (PFF 2018: 74,9 2019: 69,3)

Bei den Browns dürfte Billings vor allem eine ernsthafte Konkurrenz um Snaps für L.Ogunjobi sein:

Note: 1, die dringend notwendige Verbesserung der Tiefe auf DT kommt recht günstig mit Billings und seinem 1-Jahresvertrag für 3,5 Mio. Eine klare Verstärkung für die Browns ohne Cap-Space länger zu binden.

CB Kevin Johnson (28, Bills)

Noch ein „enttäuschter“ Firstrounder, der 2015 von den Texans gezogen wurde und nach der Entlassung nur ein Jahr bei den Bills spielte. Bei den Browns hofft Johnson nun als Nickelback eine längere und erfolgreichere Station in der Vita zu haben. In Cleveland darf er den guten, aber zu teuren CB TJ Carrie ersetzen. Dabei wird er gegen den letztjährigen Rookie Redwine und Donnie Lewis gute Chancen auf reichlich Snaps haben.

Sein Deal ist wie so häufig ein 1-Jahresvertrag über 3,5 Mio (bis zu 6 Mio) und somit für die Browns ideal, um den talentierten Spieler zu testen. Als Outside CB dürfte er wenige Chancen haben gegen Ward und Greedy, aber als Slot-CB überzeugte er laut PFF im Vorjahr (10th in NFL)

Note: 2- , welches Gesicht wird Kevin Johnson bei den Browns zeigen? Das ist ein Blick in die Glaskugel, wobei ich wirklich hoffe man plant ihn als Nickelback. Der Deal passt gut zu den vielen Fragezeichen.

FS Andrew Sendejo (32, Eagles)

Den erfahrensten Veteran zum Abschluss. Sendejo kennt Stefanski natürlich noch aus der langen Zeit bei den Vikings. Das Jahr 2019 bei den Eagles war eher zum Vergessen mit wenigen Einsätzen und Snaps.

Die Frage wie viel Sendejo noch „im Tank“ hat, ist natürlich berechtigt, da Sendejo zu Saisonbeginn 33 sein wird. Bei den Browns wäre er aktuell sogar Starter auf Free Safety. Der Vertrag ist ebenfalls kurzfristig angelegt mit 1 Jahr für 2,25 Mio. Sendejo würde damit aktuell FS Randall ersetzen, der 2018 bärenstark und 2019 sehr inkonstant spielte. Ob Sendejo ein echtes Upgrade wird bleibt fraglich.

Note: 3+, Sendejo als erfahrener Safety ergibt viel Sinn, allerdings nur wenn die Browns via Draft weiter auf Free Safety investieren. Natürlich kann er nur eine günstige Übergangslösung sein, dafür hat er hoffentlich noch genug Reserven. Es gab durchaus bessere Safetys auf dem Markt, aber die Browns scheinen die Position etwas geringer zu priorisieren.


Die Browns haben ordentlich investiert in der ersten Welle mit 114,8 Millionen $ (3rd in NFL). Die ersten Baustellen auf Offensive Tackle , Defensive Tackle und Tight End wurden stark befüllt. Auf Strong Safety hat man eine spannende Lösung gefunden. Dagegen bleiben noch klare Hausaufgaben auf Linebacker. Insgesamt wissen die Moves durchaus zu gefallen, auch wenn man manche Priorisierung (Backup QB, TE2) durchaus anders sehen kann. Mit dem Draft und Spielern für die Tiefe dürfte man aber die restliche Baustellen gut bedienen können.